Zu Hause übe ich mich schon lange in Getting Things Done. Alle möglichen Aufgaben, die ich in absehbarer Zeit (innerhalb eines Tages, Wochenendes, etc.) erledigen muss, habe ich auf einem kleinen Zettel als ToDos stehen. Für mein Magazin habe ich auch schon diverse Formen ausprobiert, um Release-Date-nahe Verarbeitung von CD-Kritiken und Interviews zu koordinieren und einen Überblick über die verschiedenen Aufgaben zu halten – da mittlerweile viele Promos digital ausgeliefert werden, ist der Stapel an zu besprechenden CDs nicht unbedingt immer der beste Überblick (;
So bin ich auch früher oder später über einen webbasierten Dienst gestolpert, den ich im Folgenden auch hier vorstellen will. Doch lange Zeit habe ich diesen Dienst eigentlich gar nicht benutzt, da mir seine Möglichkeiten, u.a. auf Grund diverser Einschränkungen durch die lückenhafte Integration in meinen Desktop-Client, verwehrt blieben.
Erst, als ich beruflich viel enger in die Projekt-Planung mit einem Ticketing-System involviert war, habe ich die computer-gestützte Erleichterung wieder für mich entdeckt!
Die besagte Webseite dürften einige interessierte Web2.0-Freunde bereits kennen: http://www.rememberthemilk.com
Das Prinzip ist simpel, man registriert sich für einen kostenlosen Account bei Remember The Milk und anschließend kann man Aufgaben in verschiedenen Listen anlegen.
Listen
Listen kann man selber definieren. Lediglich „Eingang“ und „Gesendet“ sind fest vorgeschriebene Listen, die nicht verändert werden können. Neben „statischen“ Listen gibt es auch „Smart-Lists“, das sind Listen, deren Inhalt an Hand von Kriterien dynamisch aus anderen Listen befüllt werden. Eine immer vorhandene „Smart-List“ ist „Alle Aufgaben“, die – wie der Name andeutet – alle Aufgaben, unabhängig von der eigentlichen Liste anzeigt.
Eine andere „Smart-List“ kann man schnell „zusammenbauen“. Will man alle Aufgaben haben, die bis heute fertig werden müssen, sucht man einfach über die kleine Suchmaske oben rechts auf der Webseite nach „due:today“. Die neu erstellte „Smart-List“ kann man über die Aktionen auf der rechten Seite neben den Aufgaben schnell speichern für den späteren Gebrauch.
Tags
Wohl eine der wichtigsten Neuerungen im Web2.0 und äußert hilfreich, wenn man Aufgaben über mehrere Listen hinweg zuordnen will, sind Tags. Tags sind Schlagworte, von denen man beliebig viele einer Aufgabe zuordnen kann. Eine Wolke mit vergebenen Schlagworten sieht man neben dem „Eingang“, Listen werden grau und „richtige“ Schlagworte blau dargestellt. Je mehr Aufgaben ein Schlagwort haben, um so größer wird der Tag dargestellt. Per Klick auf ein Schlagwort wird eine „Smart-List“ erstellt, die alle Aufgaben mit diesem Tag anzeigt.
Notizen
In der Regel kommt es vor, dass man zu einer Aufgabe nicht nur eine kurze Beschreibung dieser braucht, sondern auch weiterführende Informationen. Diese kann man in separaten Notizen (Plural) an einer Aufgabe hinterlegen. RTM speichert zusätzlich, wann eine Notiz angelegt wurde. Will man zu einer Aufgabe nur eine einzelne URL hinterlegen, gibt es unabhängig von den Notizen ein Feld in den Details zu einer Aufgabe an der rechten Seite der Homepage.
Prioritäten
Aufgaben sind verschieden wichtig. Darum kann man bei RTM auch Prioritäten setzen. Von 1 (ganz wichtig) über 3 (weniger wichtig) bis keine Priorität. Hoch priorisierte Aufgaben bekommen eine orange markierung, Priorität 2 ist dunkelblau und die unwichtigste Einteilung hellblau. Alle anderen Aufgaben werden „normal“ angezeigt. Dabei werden die Aufgaben in einer Liste absteigend nach Priorität geordnet – ein Vorteil gegenüber der Papier-und-Stift-Methode (;
Fälligkeiten
Neben der Einstufung in Wichtigkeiten kann es sein, dass eine Aufgabe an bestimmte Termine gebunden ist. Und natürlich erlaubt RTM auch dies in den Details zu einer Aufgabe. Neben festen Daten wie 01.01.2010 kann das Programm auch mit abstrakten Angaben wie „morgen“ oder „today“ umgehen (deutsch und englisch).
Zeitschätzung
Um manche Abläufe genauer zu Planen ist es notwendig, dass man weiß, wie lange ein Vorgang dauert. Dafür gibt es auch ein Feld in den Details.
Wiederholungen
Manche Aufgaben sind wiederkehrend. Zum Beispiel Überweisungen, die man regelmäßig zum Monatsersten tätigen muss und keinen Dauerauftrag eingerichtet hat, den Müll vor die Türe stellen, die Katze füttern, ö.ä. Auch dafür gibt es ein Detail an der Aufgabe.
Orte
Für mich als Privatanwender ein eher vernachlässigbares Feature. Aber unabhängig von Aufgaben kann man bei RTM Orte definieren, die man später mit Aufgaben verknüpfen kann. Z.B. die Adresse der Videothek, wo man eine DVD zurückbringen muss, den Firmensitz des Kunden, wo als Aufgabe ein Update installiert werden muss, ö.ä. Nettes Feature, doch für mich nicht weiter von Belang.
Kontakte, Kollaboration
Interessanter als die Orte sind Kontakte in RTM. Hier kann man Freunde einladen und Listen mit unterschiedlichen Berechtigungen freigeben. „Freigabe“ heißt, dass der erlaubte Benutzer auf dieser Liste auch Einträge verwalten darf. Interessant für Gemeinschaftsprojekte, wie Entwicklung einer Software oder ganz profan: Das Planen der Renovierung der gemeinsamen Wohnung. Denkbare Einsatzgebiete wären auch Haushaltsplan, Essensplan, u.s.w. in einer WG oder Beziehung, wenn der Partner genau so vergeekt wie man selber ist (;
Überblick und Wochenplan
Nun hat man sich einen Haufen von Aufgaben angelegt. Ein paar mit festem Datum, ein paar, die überfällig sind, viele ohne genauere Zeitangaben und alles verteilt über verschiedene Listen. Die Smart-List „Alle Aufgaben“ bietet schon einen guten Überblick. Doch bei vielen Aufgaben erleichtert sie nicht gerade den Gesamtüberblick, sondern erschlägt den Betrachter mit einer langen Liste an unerledigten Aufgaben. Dafür gibt es bei RTM ein nettes Feature: den „Überblick“.
Hier werden in erster Instanz die Aufgaben für Heute, Morgen und Überfällig in drei Listen und die Tag-Cloud angezeigt. Durch einen Klick auf den Link „Wochenplan“ bekommt man eine nette Aufbereitung der Aufgaben, die innerhalb der nächsten Woche anstehen, direkt nach den überfälligen Aufgaben. Alle mit einer Checkbox davor, sodass man die Liste ausdrucken und physikalisch nutzen kann. Bei Bedarf kann man die Checkbox mit einem Stift abhaken, wie man es in der Zeit vor dem omnipräsenten Computer gemacht hat. Fast schon ein schrulliger Anachronismus, oder? (;
Schnittstellen und Tools
Neben der verdammt gut durchdachten, simplen und dennoch leistungsstarken Webseite gibt es noch viele andere Möglichkeiten, wie man Informationen in RTM reinbekommt, oder wieder auslesen kann. Doch an dieser Stelle nur ein grober Überblick, weil die einzelnen Möglichkeiten doch ziemlich mannigfaltig und stellenweise ebenso mächtig sind!
Wer mit Google-Calendar oder GoogleMail arbeitet, kann sich direkt ein Gadget dort einbinden, was einen Überblick über kommende Aufgaben gibt und das schnelle hinzufügen von neuen Aufgaben erlaubt (dazu später mehr).
Der neue Web2.0-Trend Twitter bietet auch eine Bridge zu RTM. Dazu muss man rtm auf Twitter folgen und kann anschließend über direkte Nachrichten seine Aufgaben an den Dienst schicken.
Dank der AdobeAir-RE gibt es auch eine App For The Milk, die sich aber noch in Entwicklung befindet. Das Ergebnis kann sich aber bisher schon sehen lassen und läuft dank dem Framework sowohl unter Windows, Linux und MacOSX.
Weniger gelungen ist hingegen die Integration in das Gnome-Programm Tasque, das wirklich nur die rudimentärsten Features wie Aufgaben, Listen, Priorität, Fälligkeit, Notizen abdeckt. Alternativ kann man auch das (inoffizielle) Plugin für Gnome-Do verwenden, was ich selber aber noch nicht probiert habe.
Für die mobilen Freaks gibt es natürlich auch eine iPhone-App und ein Programm für Android. Selbst Windows Mobile und das Blackberry haben eine Möglichkeit zur Synchronisation. Nur für Symbian-Telefone sieht es schwarz aus ): Bleibt immer noch das mobile Webinterface.
Für die Traditionalisten gibt es aber auch die Möglichkeit, Aufgaben via eMail hinzuzufügen.
„Smart-Add“
Wenn man mit den Grundfunktionen von RTM einigermaßen vertraut ist, und auch mal eben vom Google-Gadget aus Aufgaben nicht nur „nackt“ in den Eingang von RTM legen will, gibt es die nette Möglichkeit des „Smart-Add“. Dieses Feature erlaubt es direkt beim anlegen einer Aufgabe gewisse Parameter mit an zugeben, wie die Liste, zu der die Aufgabe hinzugefügt werden soll, Schlagworte, Dauer der Aufgabe, Priorität und Fälligkeitsdatum.
Am Beispiel:
Milch kaufen #Einkaufen #lebensmittel !1 =15 Minuten @home ^Morgen
Würde eine Aufgabe „Milch kaufen“ in der Liste „Einkaufen“ mit dem Schlagwort „lebensmittel“ anlegen. Die Priorität der Aufgabe wäre ganz hoch, die Aufgabe wäre morgen fällig und würde 15 Minuten dauern. Der Ort wäre der Ort, der unter „home“ bei RTM gespeichert ist. Auf Anhieb sieht das vielleicht noch etwas kryptisch aus (es sei denn, man hat schon mal getiwttert, haha), aber ich denke, man blickt auch ohne IT-Studium schnell hinter die Syntax, zumal die GUI von RTM auch eine Autovervollständigung besitzt, wenn ein entsprechendes Steuerzeichen wie #,!,=,@ oder ^ auftaucht. Und genannter Eintrag im RTM-Blog hilft sicherlich bei weiterem Verständnis: http://blog.rememberthemilk.com/2009/09/introducing-smart-add-a-smarter-way-to-add-your-tasks/
Pro-Account
Neben dem kostenlosen Account gibt es auch noch die Möglichkeit, für $25/Jahrauf einen Pro-Account zu upgraden. Neben der Unterstützung des Entwickler-Teams bekommt man dafür auch neue Funktionen ausschließlich für Pro-Benutzer wie RTM für Android, iPhone / iPod touch, MilkSync für BlackBerry / Windows Mobile oder das Pro Tester Programm.
Nachteile
Neben so einem Haufen an Features gibt es aber leider auch ein paar Nachteile an dem ansonsten unglaublich tollen Programm RTM. So gibt es keinen wirklich überzeugenden, nativen Client für Linux bisher, Synchronisation mit meinem Symbian-Telefon ist nicht möglich und letztendlich der große Nachteil einer jeden Web-App: Ohne Internet taugt die tollste Anwendung in diesem nämlich nichts! Da muss man schlussendlich doch wieder auf Papier und Stift zurückgreifen…
Also hoffe ich mal ganz fest, dass mein Provider nicht nochmal so einen großen Ausfall bei uns hat, wie Anfang des Jahres, wo wir 2 Monate ohne Internet und Telefon da standen und keiner wusste, woran es lag!
Weitere Informationen
Weitere Infos zu Remember The Milk gibt es natürlich auf der Hilfe-Seite der Anwendung, wie auch im RTM-Blog.
rememberthemilk.com